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Irische Studie belegt: Sanktionen sind illegal

Die Maßnahmen der 14 EU-Partner gegen Österreich widersprechen laut einem irischen Rechtsgutachten nicht nur dem Gemeinschaftsrecht, sondern auch den Prinzipien der Demokratie.

VON WOLFGANG BÖHM


DUBLIN/WIEN. "Solche Entscheidungen müssen als illegal bezeichnet werden, widersprechen sie doch den fundamentalen Prinzipien der Demokratie, dem Recht auf Anhörung und auf Gleichbehandlung." Mit diesen Worten kritisiert eine Studie des irischen "Institute of European Affairs" die Maßnahmen der 14 EU-Mitgliedsstaaten gegen Österreich. Die Studie, die von Eugene Regan, einem irischen Juristen und ehemaligen Mitarbeiter im Kabinett von EU-Kommissar Peter Sutherland, verfaßt wurde, geht auch mit dem Vorgehen der portugiesischen Präsidentschaft hart ins Gericht.
Einer der Hauptkritikpunkte ist die Einmischung in einen demokratischen Prozeß. Denn als solcher sei laut Studie die von der portugiesischen Ratspräsidentschaft vorgelegte Resolution zu verstehen. Ausdrücklich wird darauf verwiesen, daß es derzeit keinen Grund zur Annahme gebe, "daß Österreich ein weniger demokratisches Land als Irland oder jegliches andere EU-Land" sei. Jegliche nicht gerechtfertigte Einmischung widerspreche jedoch sowohl der irischen Verfassung als auch dem Gemeinschaftsrecht.

Heikle Vorgangsweise

Ein weiterer Kritikpunkt ist die von den 14 EU-Staaten gewählte Form der Maßnahmen, die nicht im Rahmen der Union, sondern außerhalb dieses Rechtsraums umgesetzt wurden. Laut Regan gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder gilt die Vorgangsweise der 14 als Beschluß des Rats der EU, dann widerspricht sie dem Gemeinschaftsrecht, das nicht nur eine Anhörung des Beschuldigten, sondern auch eine Einbindung der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments in eine solche Entscheidung verlangt. Oder der Beschluß gilt nicht als Ratsentscheidung, dann könnte Österreich bei der Kommission ein Verfahren anregen, da die Grundprinzipien der Europäischen Union verletzt wurden, weil Probleme unter den Mitgliedsstaaten nur innerhalb des Rechtsraums der Gemeinschaft zu lösen sind. "Weder die portugiesische Präsidentschaft noch die 14 Mitgliedsstaaten haben das Recht, solche Maßnahmen außerhalb des Rechtsraums der Union und ihrer Institutionen" zu beschließen, heißt es. Der Autor verweist in diesem Zusammenhang auf Entscheide des Europäischen Gerichtshofs, wonach Mitgliedsstaaten ihre Probleme untereinander nicht außerhalb des Gemeinschaftsrechts regeln dürfen, wenn Regelungen in der Union zur Anwendung kommen müßten. Regelungen, wie gegen Mitgliedsstaaten vorzugehen ist, die angeblich gegen die Grundwerte der Union verstoßen, seien im Amsterdam Vertrag (Artikel 6 & 7) verankert. Sie hätten auch hier angewendet werden müssen. Darüber hinaus kritisiert die Studie des privaten Forschungsinstituts, daß die portugiesische Präsidentschaft der neuen österreichischen Regierung keine Möglichkeit der Stellungnahme gegeben habe.
Die Studie wurde nicht nur der österreichischen Regierung, sondern auch dem Kabinett von EU-Kommissionspräsident Romano Prodi übermittelt. Nicht zuletzt sieht die Studie nämlich auch Handlungsbedarf der EU-Kommission, die über die Einhaltung des Gemeinschaftsrechts zu wachen hat.

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